Pilzzucht auf Kaffeesatz: Speisepilze aus der eigenen Küche

Regina
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Ich habe Gartenbauwissenschaften am WZW in Freising studiert und pflanze in meiner Freizeit auf einem Stück Acker alles an, was Wurzeln hat. Das Thema Selbstversorgung und saisonale Ernährung liegt mir dabei besonders am Herzen.

Lieblingsobst: Quitte, Kornelkirsche und Heidelbeere
Lieblingsgemüse: Erbsen, Tomaten und Knoblauch

Mit ein wenig Geduld und etwas Kaffeesatz können Sie Ihre eigenen Pilze Zuhause anbauen. Wir zeigen alles zu Beschaffung, Pflege und Ernte der Waldbewohner.

Pilze aus eigener Zucht in Händen gehalten
Frische Pilze aus eigener Zucht – eine kleine Besonderheit [Foto: Rawpixel.com/ Shutterstock.com]

Kaffeesatz wandert vielerorts täglich in den Müll oder zumindest auf den Kompost. Dass das nährstoffreiche Überbleibsel der täglichen Tasse Kaffee sich aber auch hervorragend für den Anbau der verschiedensten Speisepilze eignet, ist noch relativ unbekannt. Im Folgenden erfahren Sie alles zur Pilzzucht auf Kaffeesatz.

Kaffeesatz für die Pilzzucht

Der nährstoffreiche Kaffeesatz wird neuerdings immer öfter als Substrat für Speisepilze genutzt, und das aus guten Gründen. Trinken wir eine Tasse Kaffee, so konsumieren wir nur knapp ein Prozent der Biomasse der ursprünglichen Kaffeebohne. Der Rest bleibt als feines, warm duftendes Substrat übrig. Doch anstatt auf den Müll sollte es eher ins Beet und in die Töpfe wandern. Kaffeesatz enthält nämlich besonders viel Stickstoff und kann daher nicht nur für Pilze, sondern auch für Pflanzen als Dünger verwendet werden. Auch die organische Masse wird von Kleinstlebewesen im Boden gerne und schnell zersetzt und steht dann den Pflanzen zur Verfügung. Einen Artikel speziell zur Verwendung von Kaffeesatz als Pflanzendünger finden Sie hier.

Kaffeesatz
Kaffeesatz ist ein wertvoller Rohstoff für die Pilzzucht [Foto: Nor Gal/ Shutterstock.com]

Vorteilhaft für die Pilzzucht ist auch, dass der Kaffeesatz durch das heiße Aufbrühen von schädlichen Mikroorganismen wie Schimmelpilzen und Bakterien befreit wird. Besonders geeignet für die Pilzzucht ist der Kaffeesatz von Filtermaschinen. Hier sind kaum noch pilzhemmende Stoffe enthalten, wie es bei frischen Bohnen oft der Fall ist. So eignen sich die Reste aus der selbstmahlenden Espressomaschine eher weniger als Lebensraum für die Pilze. Der Kaffeesatz sollte nicht älter als zwei bis drei Tage alt sein, sonst steigt das Risiko für Schimmelpilzbefall wieder an. Einfrieren von frischem Satz verhindert dies weitgehend und so kann man sich auch einen kleinen Vorrat anlegen.

Wie ist ein Pilz aufgebaut?

Der Pilz selbst ist die meiste Zeit für uns unsichtbar, denn er lebt im Boden und traut sich nur selten an die Oberfläche. In schön feuchten und nährstoffreichen Waldböden bildet sich unter und zwischen den Wurzeln der Bäume ein regelrechtes Geflecht aus Pilzzellen, den sogenannten Hyphen. Alle Zellen zusammengenommen ähneln einem dichten Netz aus feinsten Wurzeln und werden Myzel genannt. Das Myzel des Pilzes kommuniziert unterirdisch mit Nachbarn und Bäumen, verdaut organische Masse und löst Nährstoffe aus dem Boden. Wenn die Bedingungen dann feuchter, kälter und dunkler werden – bei uns beispielsweise im Herbst – bildet der Pilz Fruchtkörper aus. Die schießen dann buchstäblich wie Pilze aus dem Boden und erfreuen viele Tiere und menschliche Sammler.

Waldpilze hell
An feuchten Herbsttagen wachsen die vielfältigen Fruchtkörper der Pilze in die Höhe [Foto: Original Mostert/ Shutterstock.com]

Die schirm- oder kugelförmigen Fruchtkörper dienen dem Pilzmyzel dabei lediglich zur Fortpflanzung. Oberirdisch werden so abertausende von Sporen für die nächste Generation freigesetzt, und nach einigen Wochen ist vom Pilz selbst wieder nichts mehr zu sehen. Dabei können die Myzel-Geflechte zur wahren Riesen heranwachsen und mitunter mehrere Tonnen Gewicht und viele Quadratkilometer Ausbreitung erreichen. Für die Pilzzucht Zuhause muss also das Myzel des Speisepilzes dazu gebracht werden, Fruchtkörper zu bilden.

Pilzbrut kaufen: Empfehlenswerte Bezugsquellen

Zu Beginn der eigenen Pilzzucht benötigt man ein wenig Myzel, das sich meist auf einem kleinen Stück Holz oder Substrat befindet. Diese getrocknete, handliche Einheit nennt man auch Pilzbrut oder auch Impfbrut, da man mit ihr das Substrat mit dem Pilz „beimpft“ und durchwachsen lässt. Verkauft werden die Starter-Myzelien in diversen Online-Shops, mal als durchwachsene Holzdübel oder lose in Plastiktütchen. Pilzzucht-Sets mit fertigem Substrat können natürlich auch zusätzlich mit Kaffeesatz gefüttert werden.

Im Internet kursieren viele verschiedene Angebote für die eigene Pilzzucht. Aber auch in manchen Gartencentern finden sich mittlerweile Anzuchtsets für die verschiedensten Pilzarten. Wir haben für Sie einige deutsche Bezugsquellen herausgesucht.

Pilzpaket verschickt seit einigen Jahren von Nürnberg aus verschiedene Seitlingsarten, auch als Brut für die Zucht auf Kaffeesatz. Zusätzlich können die Myzelien lokal in der Stadt erworben werden.

Mushrooms & Equipment Shop mit Sitz im Münsterland bietet seit 2013 verschiedenste Arten für Hobbyanbauer und den kommerziellen Anbau an.

Pilzmännchen aus Sachsen verschickt Bio-zertifizierte Pilzsubstrate – auch speziell für die Anzucht auf Kaffeesatz. Mittlerweile sind Anzuchtpakete auch im Dehner Gartencenter erhältlich.

Speisepilze selber anbauen

Wer jetzt Lust bekommen hat, sich selbst einmal als Pilzzüchter zu versuchen, der sollte über folgende Aspekte informiert sein.

Welche Arten eignen sich?

Es gibt verschiedenste Pilzarten, die sich teils von Holz, Laub oder halb zersetzter organischer Substanz ernähren. Hier erfahren Sie, welche Arten auch bei Ihnen Zuhause auf Kaffeesatz gedeihen.

‚Austernseitling‘ (Pleurotus ostreatus): Diese baumbewohnenden Speisepilze wachsen in Büscheln aus dem Substrat und bilden flache, herabgedrückte Hüte aus, die im jungen Zustand an den Rändern eingerollt sind. Es gibt sie in den Farben Taubenblau, Grau, Weiß und Hellbraun. Sie heißen ihrer Konsistenz wegen auch Kalbfleischpilze. Ihr Geschmack ist sehr fein und mild und eignet sich daher sehr gut für Suppen, Soßen und Fleischgerichte

‚Limonenseitling‘/‚Zitronengelber Seitling‘ (Pleurotus citrinopileatus): Hellgelber Speisepilz, der eng verwandt mit den Austernseitlingen ist, was man auch an der Form der Fruchtkörper sieht. Der Geschmack erinnert stark an Zitrone, was ihn als Beilage zu Fisch oder Salaten sehr interessant macht.

Limonenseitling
Nicht nur auf Holz, sondern auch auf Kaffeesatz wächst der Limonenseitling gerne [Foto: IRINA ANATOLEVA/ Shutterstock.com]

‚Rosenseitling‘ (Pleurotus djamor): Wegen seiner zartrosa Farbe auch Flamingo-Seitling genannt. Der Pilz ist verwandt mit den Austernseitlingen und besitzt einen fächerartig mit Lamellen überzogenen Fruchtkörper mit samtiger Oberfläche und feinem Pilzgeschmack. Vielseitig einsetzbar.

‚Shiitake‘ (Lentinula edodes): Ein rehbrauner Speisepilz mit hellen Flocken auf dem runden Hut und hellbraun-weißlichem Stiel, der in der asiatischen Küche durch seinen Umami-Geschmack sehr beliebt ist. Für alle möglichen Gerichte geeignet.

‚Pioppino‘/‚Südlicher Ackerling‘ (Agrocybe cylindracea): Braunkappiger, mittelgroßer Speisepilz mit weißem Stiel, der natürlicherweise an Pappeln vorkommt. Er besitzt einen nussigen, maronenähnlichen Geschmack mit festem Fleisch und kann ähnlich wie Wildpilze verwendet werden.

Pioppini Pilze
Der Pioppino oder auch Südlicher Ackerling eignet sich hervorragend für den eigenen Anbau [Foto: Brent Hofacker/ Shutterstock.com]

Tipp: Auch gewisse Arten von Leuchtpilzen (biolumineszente Pilze) lassen sich Zuhause anbauen. Erfahren Sie in unserem Artikel wichtige Informationen über die einzigarten Pilze.

Standort und Klima für die Pilzzucht

Besonders geeignet für den Anbau von Speisepilzen sind kühle Plätze mit etwa 10 bis 15 °C und einer möglichst hohen Luftfeuchte. In einem Mini-Gewächshaus fühlen sich Pilze besonders wohl. Direkte Sonneneinstrahlung sollte vermieden werden, genau wie das Austrocknen des Substrats. Pilze benötigen zwar etwas Licht, aber damit sie ordentlich wachsen, muss es nur mäßig hell sein. Sollte das Substrat am Fenster stehen, muss darauf geachtet werden, dass keine Zugluft herrscht, denn das vertragen die Pilze überhaupt nicht.

Beimpfen und Pflege des Myzels

Zu Beginn muss trockenes Substrat über Nacht in Wasser eingeweicht werden, damit das Myzel zum Wachsen angeregt wird. Beimpfte Holzdübel sind meist feucht genug und können direkt in den Kaffeesatz gesteckt werden. Das feuchte Substrat wird nun in einer Schüssel mit Kaffeesatz vermengt. Das Verhältnis sollte etwa 8:2 Kaffeesatz zu Impfsubstrat sein. Zusätzlich lockern feine Holzschnitzel oder Stroh das Gemisch auf und sorgen für einen ausgewogenen Wasserhaushalt. Die Mischung wird nun in einen Blumentopf, eine Tüte oder ein großes Glas gefüllt und nur leicht abgedeckt, sodass noch Luft hineinkommt. Alternativ kann man auch Löcher in den Deckel bohren oder die Tüte mit Zahnstochern durchlöchern. Nun muss das Myzel durch das gesamte Substrat wachsen dürfen. Das dauert etwa zwei bis drei Wochen, währenddessen man immer auf ausreichende Feuchte achten muss und bei Bedarf einfach etwas kaltes Leitungswasser hineingibt. Staunässe muss aber unbedingt vermieden werden, da sonst das Myzel absterben kann. Nun sollte man ein wenig Geduld aufbringen, denn nach weiteren 10 bis 14 Tagen erscheinen dann nach und nach die ersten Fruchtkörper. Bei Tüten muss hierfür das Plastik mit einem scharfen Messer x-förmig geschnitten werden, damit die Pilzkultur Platz zum Herauswachsen hat.

Myzel
Das Myzel wächst zur Oberfläche und bildet kleine Fruchtkörper aus [Foto: Kichigin/ Shutterstock.com]

Pilze ernten

Sobald die ersten Pilze aus dem Boden schießen, kann man an die Ernte denken. Bei einigen Arten wie den Seitlingen entrollt sich der nach unten gebogene Rand mit zunehmender Größe langsam und reißt dann ein. Nun ist der perfekter Zeitpunkt, die Pilze entweder mit einem scharfen Messer oder einfach per Hand und einer leichten Drehbewegung herauszulösen. Spätestens wenn die Sporen der Fruchtkörper ausgefallen und als bräunlich-gräulicher Belag unter den Kappen sichtbar sind, muss geerntet werden. Denn nun hat der Pilz seinen Zweck erfüllt und stirbt innerhalb kurzer Zeit ab.

Sind alle Fruchtkörper geerntet, sollte sich das Substrat ordentlich mit Wasser vollsaugen dürfen. Nach einiger Zeit kommt es dann erneut zum Fruchten. Nach etwa ein bis zwei Erntewellen, je nach Menge, sind die Nährstoffe im Kaffeesatz weitestgehend aufgebraucht und müssen nachgefüllt werden. Das ausgelaugte Substrat kann nun als Pilzbrut verwendet werden und mit frischem Kaffeesatz vermischt, mehrere Gefäße füllen. So bekommt man nicht nur seine eigenen Speisepilze, sondern kann sie auch noch ganz einfach vermehren und weitergeben.

Rosenseitling
Frische Pilze, wie hier der Rosenseitling, können direkt am Gefäß geerntet werden [Foto: Golfphotography/ Shutterstock.com]

Verwendung der frischen Pilze

Die wohl frischesten Pilze, die man kriegen kann, halten sich leider nicht besonders lange und sollten deshalb im Kühlschrank gelagert und innerhalb von drei Tagen verzehrt werden. Natürlich kann man die eigene Ernte einfrieren, trocknen oder einlegen, um länger in den Genuss zu kommen. Der Geschmack hält sich allerdings am besten, wenn die außergewöhnlichen Gewächse direkt in den Kochtopf wandern. Speisepilze können allerdings auch roh verzehrt werden und sorgen so für ein einmaliges Geschmackserlebnis.

Wie Sie Pilze als Alternative auf Baumstämmen anbauen können, erfahren Sie hier in unserem Spezialartikel.

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