Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi): Beispiele & Definition

Melissa
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Was ist solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) eigentlich und gibt es eine SoLaWi in meiner Nähe? Wir haben die Definition und Beispiele parat.

Martktstand mit Gemüse
Die Solidarische Landwirtschaft ist eine faire Form, um Produkte zu vermarkten [Foto: Rawpixel.com/ Shutterstock.com]

Solidarische Landwirtschaft ist nicht nur eine Möglichkeit, Landwirtschaft zu betreiben und landwirtschaftliche Produkte zu vermarkten. Viele Befürworter dieses Modells halten diese Form der Landwirtschaft auch für die fairste und beste. Die Zahl der Befürworter steigt seit einiger Zeit rasant an – in Deutschland ebenso wie in Österreich, der Schweiz und vielen anderen Ländern. In diesem Artikel erklären wir Ihnen das Konzept der SoLaWis etwas genauer und stellen die Gemeinschaften einiger deutscher Städte vor.

Solidarische Landwirtschaft: Was ist das?

SoLaWi ist die Abkürzung für Solidarische Landwirtschaft. Es handelt sich dabei um eine Gemeinschaft, die von Erzeugern und Erzeugerinnen (also zum Beispiel Landwirten) und Verbrauchern gebildet wird. Das Konzept basiert auf der Solidarität, die schon im Namen steckt: Die Verbraucher verpflichten sich, monatliche oder jährliche Beiträge zu zahlen, um die Kosten der Erzeuger zuverlässig zu decken. Im Gegenzug werden sie von den Erzeugern mit den Produkten ihrer Wirtschaft versorgt.

Der Preis, den die Verbraucher zahlen, wird in den meisten SoLaWis jährlich festgelegt, die Methoden zur Beitragsfestsetzung können verschieden sein. Häufig wird finanziell schwächeren Mitgliedern ermöglicht, ein Teil der Gemeinschaft zu werden, indem sie über die Gemeinschaft mitfinanziert werden. In einigen SoLaWis ist es außerdem möglich, den zu zahlenden Beitrag über das Ableisten von Arbeitsstunden zu senken. Freiwillige Gemeinschaftsarbeit ist in fast allen SoLaWis grundsätzlich gern gesehen und häufig sogar unabdingbar.

Die Verteilung der erzeugten Produkte erfolgt in den verschiedenen Gemeinschaften unterschiedlich: Gemüsekisten oder Depots zur Abholung sind nur zwei Möglichkeiten. Durch die festgelegte Bezahlung der Erzeuger werden Jahre mit geringen landwirtschaftlichen Erträgen abgefangen, im Gegenzug werden die Verbraucher in Jahren mit sehr guten Erträgen an dem Mehr an Produkten beteiligt.

Solidarische Landwirtschaft: Warum gibt es das Konzept?

Das Konzept der SoLaWis umgeht den sonst üblichen „Umweg“ über den Einzelhandel, sodass einerseits die Erzeuger nicht mit allen anderen Erzeuger in eine Preiskonkurrenz treten müssen und die Verbraucher andererseits einen geringeren Preis für die Produkte zahlen.

Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, erklärt sich aber dadurch, dass der konventionelle Einzelhandel sonst auch noch einen Teil des Preises für sich behält, um Gewinne zu erzielen. Um diese Gewinne zu maximieren, wird häufig so günstig wie möglich eingekauft – das gleiche gilt natürlich auch für den Großhandel und ist in der freien Marktwirtschaft generell eine klare Handlungstendenz.

Landwirt mit Karotten und Rote Bete Ernte Hofladen Bauer mit Strohhut
Das Konzept der SoLaWis umgeht den sonst üblichen „Umweg“ über den Einzelhandel [Foto: alicja neumiler/ Shutterstock.com]

Das führt dazu, dass die Erzeugenden versuchen, möglichst günstig zu produzieren, um ebenfalls einen Gewinn aus ihrer Arbeit zu erhalten. Eine sehr günstige Produktion von Lebensmitteln geht allerdings häufig auf Kosten der Umwelt und führt zu niedrigen Löhnen bei den Mitarbeitern der Erzeuger.

Die Solidarische Landwirtschaft soll eine gerechtere, regionale, saisonale und meist biologische Alternative zum gewohnten Gang in den Supermarkt sein. Den Erzeugenden soll sie die Möglichkeit geben, in finanzieller Sicherheit zu produzieren und dabei rücksichtsvoll und nachhaltig mit der Umwelt, den genutzten Flächen und ihren Beschäftigten umzugehen.

Was wird in einer SoLaWi produziert?

Selbst wenn an einer Solidarischen Landwirtschaft nur ein Erzeugender beteiligt ist, ist das Angebot oft sehr bunt. Durch eine abwechslungsreiche Fruchtfolge wird der Boden geschont und fruchtbar gehalten. Auch das ist nur möglich, weil nicht „um jeden Preis“ so günstig wie möglich produziert werden muss. Denn viele verschiedene Sorten von Gemüse anzubauen ist viel arbeitsintensiver, als sich auf eine Sorte Gemüse zu konzentrieren.

Häufig sind auch Streuobstwiesen, Mostereien und Viehwirtschaft Bestandteil von SoLaWis. So ist es möglich, eine breite Palette von Produkten anzubieten, vom Apfel über das Ei und gutem Rindfleisch bis zur Zucchini.

Apfelsaft pressen Mosterrei Pressmaschine Äpfel im Korb apfelbaum
Häufig sind auch Streuobstwiesen und Mostereien Bestandteil von SoLaWis [Foto: Thomas Oswald/ Shutterstock.com]

SoLaWi in meiner Nähe: Wo gibt es SoLaWis in Ihrer Umgebung?

Wer jetzt neugierig geworden ist, der findet im Folgenden die Vorstellung einiger interessanter SoLaWis. Sicherlich ist auch eine in Ihrer näheren Umgebung dabei.

SoLaWi bei Bremen

Der Gärtnerhof Oldendorf, etwa 40 Kilometer nördlich von Bremen gelegen, produziert im Rahmen einer SoLaWi Gemüse, Obst und Kräuter in Demeter-Qualität. Alle Produkte werden ausschließlich an Mitglieder der Gemeinschaft weitergegeben, keines der Produkte gelangt in den Einzelhandel. Die Gemeinschaft von Verbrauchern rund um Bremen und Bremerhaven wird über wöchentlich bestückte Depots versorgt. Für zusätzliche Nähe zu den Erzeugern sorgen zum einen der Wochenbrief, in dem kontinuierlich über Geschehnisse auf dem Hof berichtet wird. Zum anderen werden regelmäßig Mitmachaktionen veranstaltet, sodass die Entstehung der Lebensmittel auf dem Hof direkt erfahrbar ist. Auf dem Jahreskreisfest stehen das Kennenlernen, die Bildung einer Gemeinschaft und die Freude an derselben im Mittelpunkt.

SoLaWi bei Stuttgart

Die SoLaWi Stuttgart in Kooperation mit dem Reyerhof Möhringen produziert landwirtschaftliche Produkte biologisch und natürlich ohne Gentechnik. Ihre Vision beschränkt sich nicht auf das rein Praktische: Austausch und Zusammenarbeit sollen das Konkurrenzdenken ablösen. Hierfür sei es notwendig, dass lebenswichtige Ressourcen wie Wasser, Boden und Nahrungsmittel aber auch Bildung und Wissen als Allgemeingüter betrachtet würden. Diesem Ansatz folgend bietet die SoLaWi Stuttgart eine Plattform für offene Kommunikation, Vorträge und Workshops. Aus dieser Einstellung heraus soll ein ausgewogener Wohlstand erwachsen, der mit einem intakten und nachhaltig bewirtschafteten Ökosystem nicht im Widerspruch steht. Die SoLaWi Stuttgart richtet ihren Blick also auch auf kommende Generationen: Heute gut wirtschaften, um auch in Zukunft aus dem Garten der Natur schöpfen zu können.

SoLaWi bei Augsburg

Unter dem Motto „Ökologisch- Regional-Saisonal-Gemeinschaftlich“ vereint die SoLaWi Augsburg insgesamt vier Erzeuger mit vielen Verbrauchern rund um Augsburg. Die Initiative erhielt 2017 den „Augsburger Zukunftspreis“. Die Organisation der SoLaWi ist etwas ganz Besonderes: Die Mitglieder werden eingeteilt in „Landwirte“ und „Stadtwirte“. Während die Landwirte Produkte für sich und die Stadtwirte produzieren, kümmern sich diese zum Beispiel um die Öffentlichkeitsarbeit, um gemeinschaftliche Projekte und die Werbung neuer Mitglieder.

SoLaWi bei Hannover

Solawi Hannover solidarische Landwirtschaft
Die SoLaWi “Wildwuchs” bei Hannover [Foto: Benjamin Zvonar]

Etwa 20 Kilometer westlich von Hannover, auf dem Gelände einer ehemaligen Baumschule gedeiht die SoLaWi „Wildwuchs“. In den Jahren 2010 und 2011 wurde das Gelände von den Geschwistern Arne und Meike Wessel zu einer Bio-Gärtnerei umstrukturiert und seitdem wird hier bio-vegan angebaut, das heißt: Nicht einmal tierische Düngemittel werden hier verwendet. Zu dem Betrieb gehören Freilandflächen, vier Folientunnel für wärmeliebende Kulturen sowie zwei Streuobstwiesen. Die erzeugten Produkte, über das Jahr verteilt sind es über 40 verschiedene Gemüsekulturen, können entweder direkt vom Hof oder aus Depots abgeholt werden. In der SoLaWi „Wildwuchs“ wird Mitarbeit gern gesehen, sodass die Bewirtschaftung ein echtes Gemeinschaftswerk ist. Auf den jährlichen Jahreshauptversammlungen wird das Budget eingehend besprochen, genauso wie der Anbauplan, bei dem alle Mitarbeitenden auch mitentscheiden dürfen.

SoLaWi bei Köln

Im Westen von Köln liegt die noch sehr junge SoLaWi „Gemüsekoop“, die – obwohl sie erst seit dem Frühjahr 2017 besteht – 180 Kölner mit regionalem, saisonalem und biologisch angebautem Gemüse versorgt. Bei dieser SoLaWi ist die Finanzierung sehr interessant gestaltet: Während der laufende Betrieb durch die monatlichen Mitgliedsbeiträge gezahlt wird, sind Crowdfunding, Stiftungsgelder und Fördermittel für die Abdeckung besonderer Kosten zuständig, wenn zum Beispiel ein neuer Tätigkeitsbereich erschlossen werden oder ein neues Fahrrad für die ausliefernden Mitarbeiter angeschafft werden soll. Außerdem zahlt jedes Mitglied bei Eintritt eine Einlage an die Gemüsekoop, die zurückgezahlt wird, wenn das Mitglied die Gemeinschaft verlassen möchte. Mit diesem „Kredit“ werden planbare und größere Anschaffungen getätigt, Maschinen etwa oder auch der Ausbau von Arbeitsräumen.

Da eine detaillierte Vorstellung allzu vieler SoLaWis den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, stellen wir euch jetzt noch einige Projekte aus allen Ecken Deutschlands in Kurzform vor:

SoLaWi Leipzig und Brandis (Solidarische Feldwirtschaft- Verein für Ernährungssouveranität und gesellschaftliche Utopien e.V.)

In der SoLaWi Leipzig und Brandis wird viel gemeinschaftlich gearbeitet, gelernt und ausprobiert. Damit alle Mitglieder an den neuen Erkenntnissen teilhaben können, wird alles auf der gut strukturierten Internetpräsenz wiedergegeben. Eine Initiative, die nach Spaß, Wissensdurst und Lernbereitschaft aussieht.

SoLaWi Frankenberg/Sachsen (Hof zur bunten Kuh)

Die SoLaWi in Frankenberg/Sachsen bietet ein breites Angebot: Sie betreiben nicht nur eine FÖJ- Stelle, sondern auch einen BuFDi-Platz und eine Ausbildungsstelle. Außerdem ist der Hof Mitglied des WWOOF-Vereins. Der Hof „zur bunten Kuh“ ist also eine Empfehlung für jeden, der das Konzept der solidarischen Landwirtschaft gern am eigenen Leib ausprobieren möchte.

SoLaWi Berlin (Kiez & Land)

Die SoLaWi „Kiez & Land“ hat sich mit einer Bio-Gärtnerei in Mecklenburg-Vorpommern vernetzt, die wöchentlich (im Winter zwei Mal monatlich) drei Stadtteile unserer Hauptstadt mit Gemüse versorgt.

SoLaWi Berlin, Potsdam, Halle, Leipzig (Sterngartenodyssee)

Sterngartenodyssee Solidarische Landwirtschaft
Die “Sterngartenodyssee” ist auch ein Ort der Begegnung

Als Konsumenten der heutigen Zeit sind wir alle Teil komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge, die in großem Umfang soziale Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung mit sich bringen. Die Mitglieder der “Sterngartenodyssee“ sind der Meinung, dass man das besser machen kann. Deshalb haben sie eine Form der Zusammenarbeit entwickelt, die sie fair finden und die auf einem nachhaltigen Umgang mit der Natur beruht. Sie organisieren eine gemeinsame Anbauplanung, veranstalten eine Vielzahl von Arbeitseinsätzen, die ihnen Verständnis und Respekt für die landwirtschaftliche Arbeit lehren. Die Höfe werden somit Orte der Begegnung. Hier entsteht das Verantwortungsgefühl, mit dem die Mitglieder ihr Projekt gestalten.
Mit allen, die den Mut haben, sich der Sterngartenodyssee anzuschließen, wird ein gemeinschaftlicher Weg beschritten, um zu zeigen, dass fairer Umgang und Nachhaltigkeit gewollt und machbar sind.

SoLaWi München (Kartoffelkombinat)

Kartoffelkombinat solidarische Landwirtscahft
Das Kartoffelkombinat im Münchner Umland

Das Kartoffelkombinat wurde von Daniel Überall und Simon Scholl begründet. Nach zwei Umzügen hat die Genossenschaft inzwischen jedoch eine Heimstatt in Form einer ehemaligen Baumschule gefunden, die zu einem BioGemüsebaubetrieb (Naturland-Fair zertifiziert) umgestaltet wurde. Das Gelände wurde gemeinschaftlich finanziert und mit diesem Schritt und in hoffnungsfroher Erwartung dessen, was die Zukunft der SoLaWi bringen wird, ist die Versorgung vieler Münchener mit gesundem, regionalem und saisonalem Gemüse gesichert.

SoLaWi Hamburg (Kattendorfer Hof)

Kattendorfer Hof – SoLaWi solidarische landwirtschaft hamburg
SoLaWi auf dem Kattendorfer Hof bei Hamburg

Der Kattendorfer Hof bei Hamburg wirtschaftet seit 1995 nach Demeter-Richtlinien. Hier wird nach den Ideen von Rudolf Steiner weitestgehend in Kreisläufen gewirtschaftet, um die Fruchtbarkeit der insgesamt 240 bewirtschafteten Hektar zu erhalten und zu steigern. Mithilfe der sogenannten „FoodCoops“ und dem Hofladen werden die erzeugten Produkte – Getreide, Gemüse und tierische Erzeugnisse wie Käse, Quark und Eier- an die Verbraucher verteilt. Die „FoodCoops“ organisieren dabei die Verteilung der Produkte selbst und stellen auch Räumlichkeiten zur Lagerung bereit, sodass der Kattendorfer Hof nicht für jeden Abnehmer eigene Kisten packen muss.

SoLaWi Dortmund (Lernbauernhof Schulte-Tigges)

Lernbauernhof Schulte-Tigges/Solawi Dortmund
Lernbauernhof Schulte-Tigges/Solawi Dortmund

Der Lernbauernhof Schulte-Tigges wird seit dem Erwachen aus einem mehrjährigen Dornröschenschlaf als SoLaWi bewirtschaftet. Außerdem ist er seitdem ein „Mitmachbauernhof“ für Kinder und Jugendliche, die hier durch das Anpacken und selber machen einen spielerischen Zugang zu den Themen Landwirtschaft, Ernährung, Konsum, Klima und Umwelt bekommen sollen.

SoLaWi Mainz

Mainz Solidarische Landwirtschaft
Im Garten der SoLaWi Mainz

Aus dem Wunsch heraus, sich selbst unabhängig von Konzernen gesund und ökologisch zu ernähren, katalysiert durch die Informationsveranstaltung „Neue Städter braucht das Land“, entwickelte sich nach zwei Jahren Anlauf endlich die SoLaWi Mainz. Mit Hilfe fachlich versierter und hilfsbereiter Gärtner hat sich daraus inzwischen ein Projekt entwickelt, das in der Lage ist, 105 Anteile Gemüse pro Monat zu verteilen und das eigene Flächen, Lagerstellen und Maschinen betreut.

SoLaWi Darmstadt

SoLaWi Darmstadt Feld
Die SoLaWi Darmstadt versorgt 80 Mitglieder

Seit 2011 besteht die SoLaWi Darmstadt, die mithilfe des nahe liegenden Birkenhofs inzwischen 80 Mitglieder versorgen kann. In Arbeitskreisen wird auf Basis ehrenamtlichen Schaffens vieles gemeinschaftlich auf die Beine gestellt. Der Anbau auf dem Birkenhof ist davon nicht betroffen, er wird unabhängig von freiwilliger Hilfe bestritten. Doch Sommerfeste, die Öffentlichkeitsarbeit, die Betreuung der Depots und der Website wird von der Gemeinschaft in Eigeninitiative realisiert.

SoLaWi Pforzheim

Die SoLaWi Pforzheim arbeitet in Kooperation mit dem Auenhof, auf dem mehrere Gärtner, Sozialtherapeuten und 18 Mitarbeiter mit Assistenzbedarf beschäftigt sind. So wird in die Idee der solidarischen Landwirtschaft ein weiterer sozialer Aspekt mit eingebracht, bei dem jedes Mitglied der Gemeinschaft einen wichtigen Platz einnehmen und im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas leisten kann.

Wenn in dieser umfangreichen Liste keine SoLaWi in Ihrer Nähe zu finden ist, dann schauen Sie doch mal auf der offiziellen Seite der solidarischen Landwirtschaft vorbei, um eine Gründungsinitiative oder eine SoLaWi für sich zu finden.

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