Kaltkeimer: Begriffserklärung & Vorgehen bei der Aussaat

Regina
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Ich habe Gartenbauwissenschaften am WZW in Freising studiert und pflanze in meiner Freizeit auf einem Stück Acker alles an, was Wurzeln hat. Das Thema Selbstversorgung und saisonale Ernährung liegt mir dabei besonders am Herzen.

Lieblingsobst: Quitte, Kornelkirsche und Heidelbeere
Lieblingsgemüse: Erbsen, Tomaten und Knoblauch

Kalt- und Frostkeimer benötigen einen wochenlangen Kältereiz für die Keimung. Wir stellen das Phänomen sowie einige Vertreter der Kaltkeimer vor und geben Tipps für die Aussaat.

Gefrorene Ahornsamen
Viele Samen heimischer Pflanzen, wie hier der Ahorn, benötigen einen Kältereiz im Winter, damit sie im Frühjahr keimen können [Foto: Bearok/ Shutterstock.com]

Nicht alle Samen sind nach der Ernte und Trocknung im Herbst gleich wieder keimfähig. Viele unserer heimischen Pflanzen sind Kaltkeimer oder auch Kühlkeimer. Wir stellen Ihnen das Phänomen vor, erklären, welchen Sinn dies für die Samen hat, liefern eine Liste der Kalt- oder Frostkeimer und geben Tipps, wie man sie doch noch zum Keimen bringt.

Kaltkeimer: Was versteht man darunter?

Frost- oder Kaltkeimer sind Pflanzen, deren Samen ohne eine längere Kälteperiode nicht oder nur kaum keimen können. Das Saatgut befindet sich in einer Samenruhe, der sogenannten Dormanz. Diese Keimruhe kann durch eine sehr harte Samenschale, einen noch nicht vollständig entwickelten Pflanzenembryo im Inneren oder durch keimhemmende Stoffe im Embryo oder Nährgewebe zustande kommen. Auch ungünstige Umweltbedingungen wie Trockenheit hindern den Samen am Keimen. Bei vielen Samen handelt es sich um eine Kombination verschiedener Dormanz-Arten, die überwunden werden müssen, bis die Keimung erfolgen kann.

Bei den Kaltkeimern handelt es sich vor allem um keimhemmende Stoffe im Inneren, welche die Dormanz auslösen. Ein hochkonzentriertes Pflanzenhormon, die Abscisinsäure, ist meist für diese Samenruhe verantwortlich. Dieses Hormon soll verhindern, dass kälteempfindliche Pflanzen bereits im Herbst keimen und durch die folgenden Winterfröste umkommen und erfrieren. Stattdessen überdauern diese Samen den Winter im Freien und keimen erst im Frühjahr, wenn die Temperaturen wieder steigen. Durch den wochenlangen Kältereiz wird die Abscisinsäure langsam abgebaut und die Samen können endlich austreiben. Die Kälteeinwirkung findet entweder ganz natürlich im Freien statt oder sie kann auch im Kühlschrank oder Gefrierfach künstlich nachgestellt werden.

Den Prozess, die Keimruhe gezielt durch künstliche Kälte aufzulösen, nennt man auch Stratifikation. Zu den Kaltkeimern gehören neben den meisten heimischen Baumarten auch zahlreiche Zier- und Nutzpflanzen in unseren Gärten. Ihre Samen sind darauf gepolt, zunächst den kalten Winter abzuwarten und erst im folgenden Frühjahr zu keimen. In milden oder tropisch warmen Gebieten keimen die Samen der dort heimischen Arten meist direkt aus, da sie keinerlei Frost oder Winter zu befürchten haben und eine kälteabhängige Dormanz keinen Sinn machen würde.

Hinweis: Unter dem Begriff “Kaltkeimer” werden die Frostkeimer und Kühlkeimer zusammengefasst. Erstere benötigen deutlich kältere Temperaturen, um die Samenruhe zu durchbrechen, als die an mildere Winter angepassten Kühlkeimer.

Keimende Walnuss
Viele Obstarten, wie auch die Samen der Walnuss, sind Kaltkeimer [Foto: Mironmax Studio/ Shutterstock.com]

Liste von Kaltkeimern

Kaltkeimer sind grundsätzlich in den gemäßigten und polaren Zonen zuhause, was auch viele bei uns heimische Pflanzen einschließt. In der folgenden Liste geben wir Ihnen einen Überblick über kaltkeimende Nutz- und Zierpflanzen.

Welches Gemüse ist ein Kaltkeimer?

Beim Gemüse gibt es nur recht wenige Kaltkeimer, denn viele Arten, die wir im Garten hegen und pflegen, stammen aus deutlich wärmeren Gebieten, in denen die Samen keinerlei Samenruhe benötigen. Dazu zählen die fast vergessene Kerbelrübe (Chaerophyllum bulbosum) sowie die beiden mehrjährigen Gemüsestauden Bärlauch (Allium ursinum) und der an der Küste beheimatete Meerkohl (Crambe maritima), der aber nur milde Temperaturen über 5 °C benötigt. Salat (Lactuca sativa) ist kein Kaltkeimer, er wird lediglich bevorzugt in den kühleren Monaten im Frühjahr und Herbst angebaut, da er im Sommer zum Schossen neigt und dann nicht mehr sonderlich gut schmeckt.

Welche Obstarten sind Kaltkeimer?

Viele bei uns wachsende Obstarten lassen ihre Samen im Winter ruhen. Hierzu zählen Haselnüsse (Corylus avellana), Walnüsse (Juglans regia), Wildobst wie die Kornelkirsche (Cornus mas) und alle Rosengewächse (Rosaceae). Zu dieser großen Familie zählen Äpfel (Malus x domestica) und Birnen (Pyrus communis), genauso Steinobst – Kirschen (Prunus avium), Mirabellen (Prunus domestica subsp. syriaca), Zwetschgen (Prunus domestica) und Co.

Welche Kräuter sind Kaltkeimer?

Auch viele in unseren Breiten natürlich vorkommende Kräuter sind Kaltkeimer, beispielsweise Schnittlauch (Allium schoenoprasum), Dill (Anethum graveolens) sowie Salbei (Salvia officinalis), Waldmeister (Galium odoratum) und Arnika (Arnika montana).

Welche Blumen sind Kaltkeimer?

Auch einige heimische einjährige Blumen, die sich durch Samen vermehren, gehören zu den Arten mit einer kälteabhängigen Samenruhe. Typische Kaltkeimer sind Mohn (Papaver), Kornblumen (Centaurea cyanus), einige Lichtnelken-Arten (Silene) und Veilchen (Viola). Auch Löwenmäulchen (Antirrhinum), manche Königskerzen (Verbascum), die hübsche Kornrade (Agrostemma githago), das einjährige Silberblatt (Lunaria annua) sowie einige Reiherschnäbel (Erodium) und manche Wolfsmilchgewächse (Euphorbia) zählen zu den Kaltkeimern.

Vergissmeinnicht-Keimlinge
Die Samen des Vergissmeinnichts benötigen einen Kältereiz für die Keimung [Foto: ed2806/ Shutterstock.com]

Welche Stauden sind Kaltkeimer?

Sehr viele unserer einheimischen Stauden sind Kaltkeimer, denn sie haben sich in ihrer Entwicklung an die kalten Winter in unseren Breiten angepasst. Exotische Stauden aus wärmeren Gebieten besitzen hingegen oftmals keine Keimruhe. Zu den kaltkeimenden Stauden gehören beispielsweise Adonisröschen (Adonis), Christrosen (Helleborus niger), Flammenblumen (Phlox), Pfingstrosen (Paeonia), Schlüsselblumen (Primula veris), Vergissmeinnicht (Myosotis) und auch der Lavendel (Lavandula angustifolia) ist ein Kaltkeimer.

Liste von Kaltkeimern auf einen Blick:

  • Gemüse: Kerbelrübe, Bärlauch, Meerkohl
  • Obst: Haselnüsse, Walnüsse, Kornelkirsche, Rosengewächse, Steinobst
  • Kräuter: Schnittlauch, Dill, Salbei, Waldmeister, Arnika
  • Blumen: Mohn, Kornblumen, einige Lichtnelken-Arten, Veilchen, Löwenmäulchen, Königskerze, Kornrade, Silberblatt, einige Reiherschnäbel, manche Wolfsmilchgewächse
  • Stauden: Adonisröschen, Christrose, Flammenblume, Pfingstrose, Schlüsselblume, Vergissmeinnicht, Lavendel

Kaltkeimer aussäen: So geht man vor

Es gibt zwei Möglichkeiten, Kaltkeimer-Samen erfolgreich zur Keimung zu verhelfen. Mit wenig Aufwand sät man die Frostkeimer einfach im Spätherbst von Oktober bis November nach draußen ins Beet oder ein Aussaatgefäß, das Sie den Winter über im Freien lassen. Beachten Sie bei der Aussaat der Kaltkeimer die jeweilige Pflanztiefe der Samen und markieren Sie die Stelle mit einem Etikett, sodass Sie später auch noch wissen, was hier im Frühjahr aufgeht. Nun können Sie den Winter über die Samen allein lassen, denn sie befinden sich ohnehin noch in der Keimruhe und benötigen keine zusätzliche Pflege. Ab März beginnen die Samen bei steigenden Bodentemperaturen mit der Keimung. Je nach Art kann es bis Mitte April dauern, bis Sie die ersten Pflänzchen zu Gesicht bekommen. Im Freien lassen sich Kaltkeimer auch im Sommer säen. Sie keimen dennoch erst im folgenden Frühjahr.

Tipp: Einige Saatguthändler von Samen mit starker Keimruhe verkaufen Saatgut mit bereits gebrochener Keimruhe. Sie befinden sich nur noch in einem Wartezustand vor der Keimung, der durch die Trocknung erreicht wird. Sie sind somit nur begrenzt haltbar aber keimen dann direkt, wenn sie ausgesät werden. Die Verfahren zum Erreichen dieses Zustands sind in der Regel patentiert und tragen besondere Namenszusätze.

Wie sät man Kaltkeimer im Freiland aus?

  • Aussaat im Spätherbst von Oktober bis November ins Beet oder in ein Aussaatgefäß, das im Freien steht.
  • Markieren Sie die Stelle der Aussaat am besten, damit Sie sie im Frühjahr noch finden.
  • Zwischen März und Mitte April beginnt die Keimung bei steigenden Temperaturen.
  • Manche Saatguthändler verkaufen Samen mit gebrochener Keimruhe, die keinen Kältereiz mehr benötigen.

Eine saisonunabhängige Methode ist das Brechen der Samenruhe mithilfe des Kühlschranks. Kaltkeimer können hier das ganze Jahr über einige Wochen lang eingelagert und anschließend zum Keimen gebracht werden. Wichtig ist hierbei, die Samen zunächst ein bis zwei Wochen lang im warmen Wasser quellen zu lassen. Trockene Samen werden auch nach der Kältebehandlung kaum keimen. Nun mischen Sie die Samen mit einer Anzuchterde, die zu etwa einem Drittel mit Sand aufgebessert wurde.

Aussaat von Kaltkeimern
Kaltkeimer in Aussaatschalen können ganzjährig im Kühlschrank stratifiziert werden [Foto: Olga Miltsova/ Shutterstock.com]

Unsere Plantura Bio-Kräuter- & Aussaaterde eignet sich hierfür bestens, da sie nährstoffarm ist und gleichzeitig eine sehr lockere Konsistenz besitzt, was die Keimung erleichtert. Befeuchten Sie das Samen-Erd-Gemisch gut und geben Sie es in einen Gefrierbeutel. Beschriften Sie ihn mit dem Datum, sodass Sie die Wochen gut nachvollziehen können, die der Beutel nun im Kühlschrank verbringt.

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Alternativ können Sie auch ganze Aussaatschalen in den Kühlschrank stellen. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass das Substrat nie austrocknet. Eine Frischhaltefolie kann dabei leicht Abhilfe schaffen. Je nach Pflanzenart ist die Dauer und optimale Temperatur für die Aufhebung der Dormanz unterschiedlich. Allgemein benötigen Samen von Kaltkeimern Temperaturen zwischen -4 und 4 °C und drei bis zwölf Wochen Stratifizierung. Einige Gehölze haben aber sogar Bedarf an einigen Monaten der Kälte. Nach der ausreichenden Dauer im Kühlschrank stellen Sie die Saatschalen bei milden 5 bis 12 °C hell auf. Das Erdgemisch aus dem Gefrierbeutel schichten Sie einfach flach in ein Anzuchtgefäß. Bei den etwas höheren Temperaturen beginnen die Samen nun zu keimen. Nach einigen Wochen kann, wie gewohnt pikiert und umgesetzt werden.

Wie sät man Kaltkeimer im Kühlschrank aus?

  • Auch im Kühlschrank kann die Samenruhe gebrochen werden.
  • Dafür lagern die Samen einige Wochen im Kühlschrank in einem Gefrierbeutel, der im Verhältnis 2:1 mit Anzuchterde und Sand gefüllt ist.
  • Alternativ können auch ganze Aussaatschalen in den Kühlschrank gestellt werden, das Substrat darf allerdings nicht austrocknen.
  • Je nach Pflanzenart sind unterschiedliche Temperaturen und Längen der Kälteperiode für die Keimung nötig.
  • Ist genügend Zeit vergangen, werden die Samen in Anzuchtgefäße gesät oder die fertigen Aussaatschalen an einen passenden Standort gestellt.
  • Zur Keimung ist ein heller Platz bei 5 – 12 °C ideal geeignet.

Ob Kaltkeimer oder nicht, zunächst müssen wir von allen Pflanzen Samen gewinnen und sie bis zur nächsten Aussaat gut trocknen und lagern. Wir geben Tipps zu einzelnen Arten und dazu, wie man von ihnen gutes Saatgut gewinnen kann.

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