Apfelsorte Baldwin: Herkunft, Anbau & Verwendung

Natascha
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Als Kind spielte ich in meiner Heimat Rheinlandpflanz täglich in der Grünanlage vor meiner Haustür. Dort wuchs mein Interesse zur Natur und der Wunsch, Naturforscherin zu werden. Mittlerweile studiere ich Gartenbauliche Phytotechnologie und schreibe aktuell meine Bachelorarbeit im Bereich Pflanzenschutz im Obstbau. Da ich in Berlin lebe, liegt mir besonders die Steigerung der Lebensqualität in Städten mithilfe von Pflanzen am Herzen.

Lieblingsobst: Feige, Maracuja, Beerenfrüchte, Limette und Orange
Lieblingsgemüse: Kartoffeln, Knoblauch, Tomaten, Gürkchen, Feldsalat und Rucola

Der Baldwin-Apfel ist eine sehr späte Sorte mit ausgewogenem Verhältnis von Süße und Säure. Der Baum bringt regelmäßige Erträge und stellt dabei geringe Ansprüche an Boden und Klima.

Reife 'Baldwin'-Äpfel
Bereits am Baum sieht der Baldwin-Apfel zum Anbeißen aus [Foto: Greg Kushmerek/ Shutterstock.com]

Sein besonderer Geschmack bei stetiger Qualität machte den Baldwin-Apfel zu einer beliebten Sorte in Nordamerika, die sich auch nach Europa verbreitete. Neuzüchtungen und andere Sorten wie der ‘Red Delicious’ konnten am Markt jedoch besser abschneiden. Sie verdrängten den Baldwin-Apfel zunehmend in den privaten Garten, wo er nur noch vereinzelt angebaut wird und daher als gefährdet gilt.

Baldwin-Apfel: Steckbrief

Synonyme'Alter Hannoveraner', 'Baldwins roter Pepping', 'Roter Baldwin', 'Roter Pepping', 'Stäfner Rosen'
FruchtMittelgroß bis groß, blassgelbe Schale mit sonnenseitig roter Färbung und weiß-gelber Punktierung
GeschmackSüßlich aromatisch, süßweinig, leicht rosenartig
ErtragRegelmäßig, früh und reich, alternierend
ErntezeitAb Oktober/ November
GenussreifeAb Dezember
LagerfähigkeitGute Lagerfähigkeit über den Winter
WuchsMittelstark bis stark, mittelgroße bis große Bäume
KlimaAnspruchslos an Boden und Klima, offene Lage und Südhang vorteilhaft, frosthart
Krankheiten und SchädlingeAnfällig für Marssonina-Blattfallkrankheit, Regenfleckenkrankheit, Echten Mehltau, Apfelwickler, wenig anfällig für Druckstellen

Herkunft und Geschichte

Der Baldwin-Apfel hat seinen Ursprung in Massachusetts, USA. 1847 hieß es im „Horticulturist and Journal of Rural Art and Rural Taste“, der ‘Baldwin’-Apfel sei erstmals um 1740 auf der Farm von Mr. Butters gefunden und beschrieben worden. Nach ihm wurde der Apfel zunächst als „Butters Apple“ benannt. Über die Jahre beobachtete Mr. Butters, dass sein Baum intensiv von Spechten – auf Englisch „woodpecker“ – frequentiert wurde, woraufhin er ihn „Butters Woodpecker Apple“ taufte. Schließlich vertrieb ein gewisser Colonel Baldwin den Apfel unter seinem Namen. Heutzutage steht ein Denkmal an jener Stelle, an der vor hunderten Jahren einst der Baum des Mr. Butters stand.

Tipp: Im Englischen hat der Baldwin-Apfel neben ‘Butters Apple’ und ‘Butters Woodpecker Apple’ noch einige weitere Synonyme: ‘Flech’, ‘Pecker Apple’, ‘Steel’s Red Winter’ und ‘Woodpecker’.

Specht auf einem Apfelbaum-Ast
Apfelbäume bieten Spechten Schutz und Nahrung [Foto: Piotr Grzempowski/ Shutterstock.com]

Apfelsorte ‘Baldwin’: Geschmack und Eigenschaften

Die Sorte ‘Baldwin’ bildet mittelgroße bis große Früchte aus mit Maßen von 6,0 bis 7,5 cm auf 5,0 bis 6,5 cm. Sie sind rundlich, teilweise kegelförmig oder leicht platt. Die Schale ist fein und glatt. Ihre Grundfarbe ist blassgelb, doch auf der sonnenzugewandten Seite entsteht eine rote Deckfarbe, teilweise mit purpurroten Streifen. Die Oberfläche ist übersät mit sichtbaren, weiß-gelb umhoften Lentizellen. Der Kelch ist geschlossen, die Kelchgrube mit feinen Falten. Der Stiel ist lang, die Stielgrube leicht berostet.

Das Fruchtfleisch ist grün-gelblich, knackig und saftig. Es zeichnet sich durch eine milde Säure aus in Kombination mit einer weinigen Süße und einem leichten, rosenartigen Aroma. Diese Eigenschaften machten den Baldwin-Apfel damals zu einer populären Sorte. Das Kernhaus ist schwach angedeutet mit großen, offenen Fächern.

Besonderheiten bei Anbau und Pflege

Der ‘Alte Hannoveraner’ weist ein mittelstarkes bis starkes Wachstum auf und liefert regulär einen regelmäßigen Ertrag, neigt jedoch zu Alternanz. Er ist bevorzugt für den extensiven Anbau, zum Beispiel auf Streuobstwiesen, geeignet. Grund dafür ist sein starkes Wachstum, die Bevorzugung windoffener Lagen und die Neigung zu Alternanz.
Das starke Wachstum kann allerdings mit schwachwüchsigen Unterlagen gebändigt werden. Die so entstehenden, kleineren Bäume können zudem besser mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden. Auch der Schnitt wird vereinfacht.
Der Apfelbaumschnitt von ‘Baldwin’ sollte eher zurückhaltend durchgeführt werden, da der Baum sonst mit starker Triebbildung reagiert. Ein Sommerschnitt ist deutlich ratsamer, da ein Winterschnitt die Alternanz begünstigen würde.

Tipp: Alternanz bedeutet im obstbaulichen Sinne ein Schwanken der Erträge von Jahr zu Jahr. Vor allem Kernobst wie Äpfel und Birnen kann zu alternieren beginnen. Gründe liegen in der Genetik, falscher Standortwahl oder der Pflege. Sehr häufig lösen Radikalschnitte oder Spätfröste Alternanz aus.

Apfelbaum-Ast mit Schnee
Spätfroste provozieren Alternanz beim Baldwin-Apfel [Foto: Evgenii Predybailo/ Shutterstock.com]

Die mittelfrühblühenden Blüten des ‘Baldwin’ entwickeln sich um Mitte Mai. Als Bestäuber eignet er sich nicht so gut. Als Pollenspender eignen sich vor allem ‘Baumanns Renette’, ‘Cortland’, ‘Cox Orangenrenette’, ‘Geheimrat Dr. Oldenburg’, ‘Golden Russet’, ‘Jonathan, Kaiser’ ‘Alexander’, ‘McIntosh’, ‘Späher des Nordens’ oder generell ebenso frühblühende Sorten.

Tipp: Die Apfelsorte ‘Cox Orangenrenette’ eignet sich wegen ähnlicher Standortansprüche hervorragend als Bestäuber.

Apfelbaum der Sorte 'Cox Orange'
Die Apfelsorte ‘Cox Orange’ eignet sich als Bestäuber für den ‘Baldwin’-Apfel [Foto: photocosmos1/ Shutterstock.com]

Der Baldwin-Apfel ist langlebig und stellt keine extrem hohen Ansprüche an den Standort. Ein intensiveres Aroma entwickelt er jedoch in Südhanglage mit Weinbauklima und bei ausreichend guten Böden. Diese Bedingungen schützen ihn vor dem Ausbruch von Krankheiten. Denn mit Krankheiten und Schädlingen hat der ‘Baldwin’ durch seine Anfälligkeit einige Probleme.

Zu problematischen Erregern zählen der Apfelwickler (Cydia pomonella) und die beiden Pilzerkrankungen Marssonina (Diplocarpon mali) und Echter Mehltau (Podosphaera leucotricha). Marssonina und Echter Mehltau schlagen bei einer langanhaltenden, hohen Luftfeuchtigkeit zu. In feuchten Sommern auf windstillen, morgens beschatteten Plätzen ist ein Infektionsrisiko daher besonders hoch. Solche ungünstigeren Bedingungen findet man häufiger in kleinen Gärten und Hinterhöfen. Auf windoffenen Plantagen oder Wiesen hingegen ist das Risiko geringer. Um in nicht ganz optimalen Lagen Pilzkrankheiten vorzubeugen, hilft ein regelmäßiger Auslichtungsschnitt dabei, die Krone windoffen zu gestalten und damit ein schnelles Abtrocknen zu erreichen. Expertentipps für den richtigen Schnitt eines Apfelbaumes finden Sie hier.

Blatt mit Marssonina-Krankheit
Charakteristisch für Marssonina sind dunkle Flecken ohne feste geometrische Form [Foto: lanaid12/ Shutterstock.com]

Im professionellen Anbau werden gegenüber Krankheiten und Schädlingen resistente Sorten zwar bevorzugt, am geeigneten Standort ist die Kultivierung des Baldwin-Apfel aber sowohl im privaten als auch professionellen Bereich möglich.

Anbau und Pflege im Überblick:

  • Für windoffene Wiesen, im Garten nur auf schwachwüchsiger Unterlager und mit regelmäßigem Sommerschnitt empfehlenswert.
  • Geringe Standortansprüche, doch windoffene, warme Lagen hilfreich gegen Krankheitsbefall und Alternanz.
Apfelbaum auf einer Wiese
Eine offene Wiese eignet sich als Standort für den ‘Baldwin’ häufig besser als der Garten [Foto: Bildagentur Zoonar GmbH/ Shutterstock.com]

Ernte und Verwendung der Baldwin-Äpfel

Die Apfelsorte ‘Baldwin’ ist ein Winter-Lagerapfel. Die Früchte können frühestens ab Oktober zur Einlagerung geerntet werden. Ab Dezember sind sie so weit gereift, dass sie direkt vom Baum verzehrt werden können. Bis März lassen sich die Äpfel in einem kühlen, luftfeuchten Lager aufbewahren und genießen. Der Baldwin-Apfel ist vielfältig einsetzbar. Besonders geeignet ist er für die Produktion von Säften oder Cider. Auch auf Kuchen macht er sich hervorragend oder ganz traditionell als Tafelapfel.

Apfelsaft
Auch aus dem Baldwin-Apfel lässt sich köstlicher Saft herstellen [Foto: teatian/ Shutterstock.com]

Ebenso wie der Baldwin-Apfel mag die Sorte ‘Kronprinz Rudolf’ eine windoffene Lage. Wer hingegen für einen windgeschützten Standort im Garten einen Apfelbaum sucht, wird beispielsweise bei der Sorte ‘Saturn’ fündig.

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