Speierling: Pflanzen & Pflegen des seltenen Baumes

Regina
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Ich habe Gartenbauwissenschaften am WZW in Freising studiert und pflanze in meiner Freizeit auf einem Stück Acker alles an, was Wurzeln hat. Das Thema Selbstversorgung und saisonale Ernährung liegt mir dabei besonders am Herzen.

Lieblingsobst: Quitte, Kornelkirsche und Heidelbeere
Lieblingsgemüse: Erbsen, Tomaten und Knoblauch

Der Speierling wurde früher vor allem auf Streuobstwiesen gepflanzt und diente der Mostherstellung. In diesem Steckbrief erfahren Sie alles zu den Eigenschaften, den Ansprüchen und der Verwendung des Speierlings.

Speierling-Baum mit Früchten
Der Speierling ist ein Obstgehölz mit langer Geschichte [Foto: Vera Kalyuzhnaya/ Shutterstock.com]

Der selten gewordene Speierling-Baum liefert wertvolle Früchte für Obstkenner. Er gilt dank seiner Toleranz gegenüber Wärme und Trockenheit als Klimawandelgehölz. Wir stellen den Speierling vor und geben Tipps zur Pflanzung uns Pflege.

Speierling: Herkunft und Eigenschaften

Speierling (Sorbus domestica), Elsbeere (Sorbus torminalis) und Vogelbeere (Sorbus aucuparia) sind nahe miteinander verwandt. All diese Arten gehören der Gattung Sorbus an und sind Teil der großen Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Der Speierling ist unter anderem auch unter den Namen Spierling, Sperberbaum, Butzelbeer, Schneebirne oder Aeschrösle bekannt. Er war ursprünglich in Südeuropa, Kleinasien und dem Kaukasus bis nach Nordafrika hin verbreitet und gelangte schon früh nach Mitteleuropa. Bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. wurde das seltene Obstgehölz bei den Griechen schriftlich erwähnt. Außerdem war der Speierling ein vielgepflanzter Baum in mittelalterlichen Klostergärten. Wegen seiner Wärmeliebe findet man den Speierling in Deutschland vorwiegend in südlichen, wärmeren Gebieten und Weinbaulagen, im Norden bis zum Harzvorland.

Der langsam wachsende Speierling ist ein mittelgroßer Baum und wird 10 bis 20 Meter hoch, in Ausnahmefällen sogar 30 Meter. Äußerlich ähnelt er in Wuchs und Laub der Vogelbeere. Der Stamm ist meist kurz, die Krone rundlich und ausladend, im Alter wird der Baum 10 bis 15 Meter breit. Die Borke ist gräulich-braun, schuppig und sieht der Birne (Pyrus communis) sehr ähnlich. Daher stammt auch das Synonym Schweizer Birnbaum. Speierling-Holz ist das schwerste aller europäischen Laubbäume, hart und fest, feinfaserig und dabei elastisch. Es besitzt aufgrund seiner Seltenheit einen hohen Wert und wird vor allem für die Herstellung von Furnieren, aber auch für Kleinmöbel, Drechselarbeiten und Kunstwerke verwendet.

Das Blatt des Speierlings besteht aus mehreren Blättchen, wird bis circa 23 Zentimeter lang und ist unpaarig gefiedert. Im Herbst färbt sich das Laub gelb bis orange. Die weißen Blüten des Speierlings sitzen in länglichen Blütenrispen und bieten von Mai bis Juni reichlich Nahrung für bestäubende Insekten.

Speierling mit Herbstfärbung
Speierlinge wachsen in Einzelstellung zu stattlichen Bäumen mit prächtiger Herbstfärbung heran [Foto: LFRabanedo/ Shutterstock.com]

Aus den Blüten entwickeln sich apfel- bis birnenförmige, 2 bis 4 Zentimeter große Früchte, die grüngelb und sonnenseitig leuchtend rot gefärbt sind. Sie besitzen, ähnlich wie Quitten, zahlreiche harte Steinzellen, die sich bei Vollreife abbauen. Für die Verarbeitung werden die Früchte ab September geerntet, sie sind dann herb und hart. Sobald die Speierlings-Früchte überreif, weich und teigig werden, können sie auch roh gegessen werden. Der Geschmack der Speierling-Früchte ist herb-säuerlich und apfelmusartig süßlich. Ein einziger erwachsener Speierling-Baum kann in guten Jahren über 1000 kg, in schlechten oft nur 15 bis 20 kg, an Früchten bringen. Vollreife Speierling-Früchte sind äußerst schmackhaft, aber sehr unansehnlich, braun und weich. Daher stammt auch der Trivialname „Drecksack“.

Speierling-Landsorten im Überblick 

Bei den Speierlingen gibt es streng genommen keine geschützten und eingetragenen Sorten, sondern nur Auslesen aus zufällig entstandenen Unterschieden in Fruchtform, Farbe und anderen Eigenschaften. Man bezeichnet diese häufig regional verbreiteten Auslesen als „Landsorten“ oder „Regionalsorten“. Es gibt beispielsweise Landsorten mit rein zitronengelben oder stark braun berosteten Früchten. Alternativ wird über die Fruchtform unterschieden, da viele Auslesen gar keinen eigenen Namen tragen: Sorbus domestica f. pomifera bildet apfelförmige, Sorbus domestica f. pyriformis birnenförmige Früchte, es gibt jedoch auch Bäume mit beiden Fruchtformen. Wir möchten daher nur benannte Auslesen vorstellen.

  • ‘Bovender Nordlicht’: Vergleichsweise kleinbleibender Speierling mit früher und regelmäßig hoher Fruchtbildung. Die birnenförmigen Früchte sind leuchtend rot-gelb gefärbt.
  • ‘Christophs Apfel’: Für den kommerziellen Obstanbau geeignete kleinwüchsige, apfelförmige Auslese bis etwa fünf Meter Höhe.
  • ‘Sossenheimer Riese’: Normalwüchsiger, ertragreicher Speierling mit apfel- bis birnenförmigen, rotbackigen Früchten. Laut Feldversuchen der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) sehr gut geeignet für die Obsterzeugung.
Speierling-Frucht und Samen
Speierlinge können nach einer Kältebehandlung aus den eigenen Samen gezogen werden [Foto: Art_Pictures/ Shutterstock.com]

Speierling pflanzen: Standort, Zeitpunkt und Vorgehen 

Speierlinge sind äußerst licht- und wärmebedürftige Gewächse. Sie kommen mit der Temperaturerhöhung und Trockenheit durch den Klimawandel sehr gut zurecht und werden daher auch als „Zukunftsbäume“ gepflanzt. Der ideale Standort für Speierlinge liegt sonnig auf trockenen bis mäßig frischen, durchlässigen, nährstoffreichen und kalkhaltigen Lehmböden.

Speierlinge sind in allen gängigen Stammdurchmessern als Halb- und Hochstämme, sowie als wenige Jahre alte Jungpflanzen in den meisten Baumschulen zu bekommen. Sie sind jedoch in der Jugend bei Temperaturen von unter -5 °C frostgefährdet, konkurrenzschwach und eher schwachwüchsig.

Tipp: Speierlinge vertragen das Verpflanzen nicht sehr gut, deswegen sollte bei ihnen immer Containerware gewählt werden. Ballenware oder wurzelnackte Pflanzen werden besser nur als 1-jährige Pflanzen gesetzt, denn ältere Pflanzen wachsen schlecht an. Vorsicht ist geboten bei veredelten Speierlingen (auf Eberesche, Weißdorn, Mispel, Quitte oder Birne), die Verwachsungen sind häufig nicht stabil und die Pflanze daher meist nur kurzlebig.

Speierlinge entwickeln sich am besten in Einzelstellung mit fünf Meter Pflanzabstand auf jeder Seite.
Der beste Pflanzzeitpunkt liegt im Spätherbst zu Beginn der Winterruhe, ab Oktober bis Ende November. Alternativ kann vor dem Austrieb im März gepflanzt werden. Da der Baum durch seine Blätter schnell mehr Feuchtigkeit verliert, als die noch schlecht angewachsenen Wurzeln beschaffen können, sollten im Frühjahr gepflanzte Bäumchen zunächst regelmäßig gewässert werden.

Den Speierling einpflanzen: So funktioniert es

  • Großes Pflanzloch ausheben, etwa 1,5-mal so groß wie der Pflanzballen.
  • Erdaushub mit vorwiegend organischem Langzeitdünger, wie dem Plantura Bio-Universaldünger, aufbessern und mischen.
  • Wurzelballen ins Pflanzloch setzen, mit Erde auffüllen und leicht verdichten.
  • Baumanbindung anbringen: Zwei Pflöcke quer zur Windrichtung einschlagen und Speierling anbinden.
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Pflege des Speierlings: Schneiden, gießen und Co.

Regelmäßig schneiden muss man den Speierling nicht, da er dies nicht sonderlich gut verträgt. Vergreiste, tote und beschädigte Äste sollten aber ausgelichtet werden.

Krankheiten und Schädlinge treten vorwiegend an den empfindlichen, jungen und noch nicht gut etablierten Bäumen auf. Bei geschwächten Pflanzen kann ein starker Befall mit Blattläusen eine Degeneration von Triebspitzen und Blättern verursachen. An jungen Speierling-Bäumen können Schorfpilze wie Fusicladium orbiculatum und Apfelschorf (Venturia inaequalis) auftreten. Das größte Risiko für junge Speierlinge ist jedoch der Wildverbiss durch Dam- und Rehwild, die den Geschmack der Blätter und Triebe zu lieben scheinen.

Frostgefährdete Jungpflanzen versieht man in den ersten Jahren mit einem guten Winterschutz mit Jute, Fichten- oder Tannenzweigen oder Vlies.

Speierling vermehren

Ältere Bäume bilden zahlreiche Wurzelschösslinge, die abgestochen, ausgegraben und umgesetzt werden können. Speierling-Samen müssen für die generative Vermehrung kältebehandelt (stratifiziert) oder durch den natürlichen Winter im Dezember ins Freie gesät werden, damit ihre Keimruhe gebrochen wird. Die Kaltkeimer benötigen drei Monate Kälteeinwirkung und sollten anschließend für die Keimung bei 20 °C im Gewächshaus oder auf der warmen Fensterbank aufgestellt und gut feucht gehalten werden. Samenvermehrte Speierlinge benötigen allerdings etwa 12 Jahre, bis sie zum ersten mal blühen und Früchte tragen. Alternativ kann Edelreis erwachsener Bäume auf die Sämlinge veredelt werden, dann setzt der Ertrag sofort ein.

Tipp: Samen, die aus der Vereinigung des Erbguts zweier verschiedener Bäume hervorgegangen sind, keimen deutlich besser als solche, die durch Selbstbefruchtung entstehen. Wer Samen ernten will, sollte also zwei verschiedene Speierling-Bäume pflanzen oder Pollen an anderer Stelle sammeln und händisch übertragen.

reife Speierling-Früchte
Überreife Speierling-Früchte können roh gegessen werden und schmecken nach Apfelmus [Foto: nortivision/ Shutterstock.com]

Ernte und Verwendung der Speierling-Früchte 

Die Erntezeit des Speierlings beginnt im September mit den reifen, harten Früchten für die Verarbeitung. Diese werden entweder vom Baum geschüttelt oder mithilfe eines Obstpflückers abgesammelt. Harte, baumreife Früchte können trocken, kühl und luftig 15 bis 20 Tage lang, in Einzelfällen sogar bis zu 2 Monate, gelagert werden. Während dieser Zeit entwickelt sich die Genussreife. Man stellt daraus den unverkennbaren Speierling-Schnaps „Sorbette“ her. Zur Klärung und Haltbarmachung von Apfelsaft, aber auch für den Geschmack kann man die Früchte beim Saftpressen hinzugeben. Mithilfe der Speierlinge kann Apfelwein, Cider oder den in der Maingegend bekannten Speierlingswein hergestellt werden. Gemischt mit Quitte, Apfel oder Birnen ergibt sich eine nicht zu herbe, schmackhafte Speierling-Marmelade. Möchten Sie die rohen Früchte des Speierlings essen, so sollten Sie abwarten, bis diese braun und überreif sind, sich weich und teigig anfühlen. Dies geschieht in der Regel zwischen Oktober und November.

Wildobst liegt stark im Trend für eine regionale und bewusste Ernährung. Auch die Kornelkirsche (Cornus mas) beschenkt uns mit zahlreichen wohlschmeckenden Früchten. Wir stellen das Obstgehölz im Steckbrief vor.

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